3 – Antrag auf Zulassung einer Ausnahme

In diesem Beitrag haben wir uns den „Antrag auf Zulassung einer Ausnahme vom Verbot der Beseitigung eines Auwaldes (Dokument 6) sowie den zugehörigen Genehmigungsbescheid (Dokument 7) näher angesehen.

Offensichtlich war die Annahme der 1. Auslegung, dass die zu rodenden Auwaldflächen durch entsprechende gleichwertige Flächen ausgeglichen werden können, nicht haltbar, daher wurde diese Antrag gestellt.

Die Antragsstellung durch die Gemeinde erfolgte am 9.10.2019 . Die Genehmigung wurde am 29.11.2019 vom Landratsamt erteilt.

Warum war der Antrag notwendig?

Das ‚besonders wertvolle Biotop (Auwald) im Sinne von §30 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG)‘ darf eigentlich nicht beseitigt werden. Eine Ausnahmegenehmigung kann erteilt werden „wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können oder wenn die Maßnahme aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig ist“. Da im Fall Karweidach – anders als in der 1. Auslegung noch behauptet – die Beeinträchtigungen nicht ausgeglichen werden können „weil ein gleichartiges Biotop in einem überschaubaren Zeitraum nicht geschaffen werden kann“, wurde die Genehmigung aus „überwiegend öffentlichem Interesse“ erteilt.

Das überwiegend öffentliche Interesse

Als überwiegend öffentliches Interesse werden die beiden Ziele der Gemeinde angegeben:

  • Erweiterungsabsichten ortsansässiger Betriebe.
  • Verlagerung der Gemeindewerke
Erweiterungsabsichten ortansässige Betriebe

Die Erweiterungsabsichten ortsansässiger Betriebe werden damit begründet,  dass bereits für 20000 m² ein konkreter Bedarf von 15 örtlichen Gewerbebetrieben besteht.

 Wir haben bei einem Gespräche mit dem Bürgermeister und Verwaltungsvertretern nachgefragt, ob es denn schon eine Vorstellung zu den Grundstückspreisen gibt. Die Antwort war nein. Wir vermuten daher, dass  unter diesen Gegebenheiten der behauptete Bedarf der 15 Betriebe wenig belastbar ist. Die Grundstückspreise müssen auf Marktniveau liegen. Warum sollte ein Gewerbebetrieb dann ins Karweidach wechseln?

Antrag: „Wenn die interessierten ortsansässigen Gewerbetreibenden mit den Arbeitsplätzen im Ort bleiben und durch die Erweiterungsmöglichkeit auch noch weitere Arbeitsplätze
geschaffen werden ist dies ebenfalls im öffentlichen Interesse.“

Unseres Erachtens nach ist dies lediglich eine nicht belegte Behauptung bzw. Vermutung und keineswegs eine sachgerechte Argumentation.

Verlagerung der Gemeindewerke

Antrag: „Die Gemeindewerke sind derzeit auf verschiedene Standorte im Gemeindegebiet verteilt, die eine Gesamtfläche von ca. 25000 m² haben. Innerhalb dieser Bestandsflächen stehen für die Gemeindewerke aber keine Erweiterungsflächen zur Verfügung, die für den ordnungsgemäßen Betrieb der Gemeindewerke jedoch benötigt werden.“

Hier möchten wir gerne wissen, welcher Bedarf an Erweiterungsflächen hier genau vorliegt und warum der ordnungsgemäße Betrieb der Gemeindewerke, die hier seit Jahrzehnten arbeiten, nicht möglich sein soll.

Antrag: „Außerdem führt die Zusammenführung der Gemeindewerke an einen Standort zu erheblichen Synergieeffekten“.

Hier fehlt uns eine nachvollziehbare quantitative Aussage zum Nutzen sowie eine Erläuterung, welche Synergieeffekte erwartet werden, wenn die heute verteilten Standorte in Oberstdorf und in den Ortsteilen ins Karweidach zentralisiert werden.

Antrag: Als Vorteil der Zusammenlegung der Gemeindewerke wird genannt: „Nicht zuletzt müssen auch die Einwohner des Marktes Oberstdorf nicht mehr unterschiedliche Standorte der Gemeindewerke aufsuchen.“

Das können wir nicht nachvollziehen. Die Wege für die Oberstdorfer Bürger und erst recht für die der Ortsteile werden gegenüber heute länger werden. Auch die Fahrwege der Gemeindefahrzeuge werden nach der Zusammenführung in der Summe ebenfalls steigen, da alles zentral von einem Punkt aus erledigt wird.

Antrag: „Weitere positive Folge der Verlagerung der Gemeindewerke ist das Freiwerden der bisherigen innerörtlichen Standorte. Diese können damit insbesondere auch als – dringend benötigte – Wohnbauflächen entwickelt und genutzt werden …“

Es besteht bei solchen Vorhaben, wo Gewerbebetriebe (hier die gemeindeeigenen) verlagert werden, ein hohes Risiko, dass sich die jetzige Bauhoffläche nach jahrzehntelanger entsprechender Nutzung als Altlast herausstellt und deshalb mit hohen Kosten dekontaminiert und saniert werden muss. Die Kosten dafür sind kaum abschätzbar.

Der 2015 bestimmte Aufwand für die Umsiedelung der Gemeindewerke liegt bei ca. 14 Mio. Euro.

Da seither einige Zeit vergangen ist, dürften die Kosten sicherlich auf ca. 15  Mio. Euro gewachsen sein. Wir bezweifeln, dass der Nutzen der Umsiedelung diese Kosten übersteigt.

Weitere Argumente

Antrag: „Betroffen sind ca. 10000 m² im westlichen Bereich, der bisher noch nicht überplant ist. Im Bereich des rechtsverbindlichen Bebauungsplanes ‚Mineralwasser – Abfüllanlage Karweidach‘ sind noch zusätzlich 5500 m² Rodungen notwendig.

Insgesamt handelt es sich also um ca. 15 500 m2 Rodungsfläche nach Aussage der Gemeinde. Im Bescheid des Landratsamtes werden aber nur 10208 m2 genannt. Uns fehlt hier eine grafische Darstellung der Eingriffsfläche und eine Erläuterung des Unterschiedes.

Bescheid: Dieser Bescheid enthält weder eine Rodungserlaubnis, noch eine Erlaubnis zur Aufforstung.

Dieser Hinweis ist für uns nicht verständlich. Wir bitten um eine Erklärung.

Bescheid: Der Bescheid ist oben mit „Der Landrat“ überschrieben. Unterschrieben ist der Bescheid von Landrat Anton Klotz.

Das finden wir ungewöhnlich. Normalerweise wird eine derartige Genehmigung von der zuständigen Fachbehörde erteilt. Welche Fachbehörde hier bei der Genehmigung mit einbezogen war ist aus dem Bescheid nicht zu entnehmen.

Fazit

Die Argumentation der Gemeinde zum Antrag besteht in weiten Teilen aus wenig belegten qualitativen Behauptungen und Vermutungen, die quantitativ nicht begründet werden.

Dies gilt für die behaupteten Erweiterungsabsichten örtlicher Gewerbebetriebe und die beabsichtigte Verlagerung der Gemeindewerke.

Insbesondere wird auch nirgendwo erläutert, ob sich die enormen Kosten, die die Gemeinde beim Bau und Betrieb des Gewerbegebietes zu tragen hat gegenüber dem erwarteten Nutzen rechnen werden (z.B. Mehreinnahmen an Gewerbesteuer). Bei einem Vorhaben in dieser Größenordnung würden wir eine entsprechende Abschätzung  erwarten.

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