6 – Auswirkungen des Verkehrs

In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit den von der Gemeinde in Auftrag gegebenen Verkehrsgutachten (Dokument 9).

Das Fazit der Gemeinde sieht so aus (Seite 12):
„Mit der Verkehrsuntersuchung wurden die verkehrlichen Auswirkungen der Planungen in Oberstdorf im Gewerbegebiet Karweidach ermittelt … Für die nördliche OA4 wird zukünftig durch das geplante Bauvorhaben keine signifikante Zunahme durch SV-Fahrten zu erwarten sein … Eine Linksabbiegespur auf der Rubinger Straße würde die Leistungsfähigkeit des Knotenpunkts weder in der Morgen- noch in der Abendspitze nennenswert verbessern und ist somit nicht notwendig. Das Bauvorhaben wird als verkehrsverträglich eingestuft.“

Eine Einschätzung, der wir so nicht folgen können.

Zitate werden in Doppelhochkomma „“ eingeschlossen, unsere Einschätzungen werden kursiv dargestellt.

Allgemeine Anmerkungen

Gutachten, Seite 5: „Zur Erfassung der Bestandssituation im Umfeld des Bauvorhabens wurde eine Knotenstromzählung (differenziert nach Fahrzeugarten) am Knotenpunkt Rubinger Straße/ Karweidach sowie eine Schrankenzählung am Bahnübergang an der Rubinger Straße durchgeführt. Die Erhebungen fanden am Mittwoch, den 18.07.2018, über insgesamt acht Stunden in drei Intervallen (6.30 – 9.30 Uhr; 11.30 – 13.30 Uhr; 15.30 – 18.30 Uhr) statt. Bei dem Datum handelte es sich um einen sonnigen, „normalen“ Werktag außerhalb der Schulferien.“

Da die Bestandsituation nur an einem Tag (ein Mittwoch) durch eine Verkehrszählung erfasst wurde, bezweifeln wir, dass dies für eine generelle Beurteilung ausreicht. Die Begründung, dass es sich um einen sonnigen normalen Werktag handelt, ist wenig hilfreich. Zudem hat sich die Verkehrssituation auf der OA4 in der Zeit seit dieser Zählung deutlich verschlechtert. Mittlerweile leiten die Navis wegen der Überlastung der B19 den Urlauberverkehr über die OA4 um. Wir sind der Meinung, dass eine alle Werktage umfassende aktualisierte Verkehrszählung notwendig ist.

Auswirkungen der Planung

Gutachten, Seite 7: „Die Planungsansätze setzten sich somit wie folgt zusammen:
– Büronutzung mit wenig Kundenaufkommen ca. 1.000 m² Bruttogeschossfläche,
– Gewerbe und Industrie mit ca. 14.000 m² Bruttogeschossfläche,
– Gewerbe und Handwerk ca. 17.350 m2 Bruttogeschossfläche,
– Sportstätten ca. 1.600 m2 Bruttogeschossfläche.“

Da der Bedarf für das Gewerbegebiet von der Gemeinde zu diesen Zahlen geführt hat, ist unklar, wie sich die Situation ändern würde, wenn sich die Planungsansätze entsprechend verändern, z.B. wenn die Gemeindewerke nicht verlegt würden. Es wurde lediglich eine Prognose bestimmt, die sonst übliche Technik der Szenarien, die verschiedene mögliche Entwicklunge betrachten, wurde nicht angewendet.

Gutachten, Seite 8: „Nach den DTV-Werten des Straßenbauamts (DTV=Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke), die von der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Inneren im 5-Jahres-Rhythmus erhoben werden, wurde in den letzten Jahren (seit 2005-2015) auf der B19 eine Verkehrszunahme
von ca. 10% festgestellt. Auf der B19 ist von einem hohen Anteil an Durchgangsverkehr auszugehen, der auf der Rubinger Straße geringer ausfällt. Basierend auf diesen Werten sowie durch die
allgemeine Bevölkerungs- und Mobilitätsentwicklung wird für die Rubinger Straße bis 2035 in den Spitzenstunden eine allgemeine Verkehrszunahme im Geradeausverkehr von 10% angenommen.“

Beim ‚Prognose-Nullfall 2035‘ werden Zahlen für 2005-2015 dargestellt, die mittlerweile überholt sein dürften. Niemand wird ernsthaft glauben, dass die katastrophale Verkehrslage auf der B19 nur durch eine 10%ige Zunahme des Verkehrs erklärt werden kann. Wahrscheinlich ist das Problem erst in den letzten Jahren deutlich sichtbar geworden.

Die Lage auf der OA4 ist in den Ortschaften Rubi und Reichenbach bereits heute unhaltbar geworden. Früher war das eine Ausweichstrecke, die in der Hauptsache von Einheimischen genutzt wurde, inzwischen leiten Navis den Urlauberverkehr um. Vermutlich ist die für 2035 prognostizierte 10% Verkehrszunahme bereits heute überschritten. Weitere Zunahme ist für diese Teile von Oberstdorf nicht akzeptabel.

Die getroffenen Annahmen sind daher äußerst fraglich und bedürfen dringende einer Aktualisierung.

Gutachten, Seite 8: „Das ermittelte Pkw-Neuverkehrsaufkommen aus den Planungen zum Bauleitplanverfahren Gewerbegebiet Karweidach wurde … analog zur bestehenden Richtungsverteilung des Knotenpunkts Rubinger Straße/ Karweidach umgelegt (85% nach Süden; 15% nach Norden), entsprechend … Für die Umlegung des SV-Anteils wird von einer Verteilung mit 80-90% nach Süden und 10-20% nach Norden ausgegangen … Die Hauptzufahrtsroute des Kfz-Verkehrs, vor allem des Schwerverkehrs, von und nach Süden begründetet sich durch die in der Regel schnellere Fahrtzeit über die B19 in Richtung Norden.

Diese Annahme dürfte angesichts der aktuellen Situation überholt sein. Wer heute noch in den Hochzeiten des Ferienverkehrs über die B19 fährt, gibt das nach wenigen Versuchen schnell auf und nutzt die OA4 bzw. das Navi leitet ihn dort entlang. Die angegebenen Zahlen sind daher zu niedrig eingeschätzt. Wenn der Verkehr aber in höherem Maße (insbesondere beim Schwerverkehr zu erwarten) in Richtung OA4 nach Norden läuft, so wird die aktuell schon nicht mehr akzeptable Situation an den Engstellen in Rubi und Reichenbach sich massiv verschärfen.

Gutachten, Seite 9: „Im Falle einer Realisierung der Umfahrungsstraße (vgl. Varianten Ostzufahrt aus der
Verkehrsuntersuchung 2007) würde langfristig dieser südliche Abschnitt der Rubinger Straße aber deutlich entlastet werden, da sich Ziel- und Quellverkehr ins Ortszentrum von der Rubinger Straße und der Straße Am Bannholz auf diese Umfahrungsstraße verlagern werden.“

Offensichtlich ist die Ostzufahrt noch nicht ad acta gelegt. Sie ist Teil des aktuellen Flächennutzungsplanes. Allerdings ist wegen des vorangegangenn Punktes diese Zufahrt wenig hilfreich, das sie ja wegen der bereits heute überlasteten B19 völlig unsinnig ist.

Fazit
Die Studie prognostiziert eine Zunahme des  Verkehrs bis 2035  allein durch die prognostizierte generelle Verkehrszunahme um 10%, der durch das Gewerbegebiet noch einmal um 25 %  verschärft wird. Damit wird eine  Mehrung des Verkehrs um ein Drittel zugegeben ohne den zunehmenden Verlagerungsverkehr von der B19 auf die OA4 zu berücksichtigen. Die Auswirkungen auf die Anwohner werden im Gutachten in keiner Weise angesprochen.

Die vorliegende Studie basiert daher auf aus unserer Sicht veraltetem Datenmaterial, das die neuesten Entwicklungen nicht einbezogen hat.  Nicht zuletzt zeigt das die mittlerweile unhaltbare Situation für die Bürger in den Ortsteilen Rubi und Reichenbach. Die Anwohner klagen inzwischen über das regelmäßige Kolonnen- und Staubildungs-Nadelöhr durch de facto Einspurigkeit am südlichen Ende von Reichenbach. Neben der Verkehrsbehinderung leiden sie unter Abgasen, Minderung der Lebensqualität und der Erwerbsmöglichkeit (Tourismus).

Aber auch für die Oberstdorfer Bürger zwischen Rubingerstraße und Gymnasium-Kreisel gilt, dass auch sie vom Verlagerungsverkehr von der B19 in ähnlicher Weise wie die Ortsteile betroffen sind. Der vermehrte Verkehr durch das Gewerbegebiet (ca. 25%, siehe Gutachten) wird sich hier deutlich auswirken.

Eine Überarbeitung / Aktualisierung der Verkehrsuntersuchung inklusive einer 1-wöchigen Verkehrszählung ist dringend erforderlich und könnte auch für andere Vorhaben von großem Nutzen sein.

Ideen wie die Bau der Ostzufahrt für Oberstdorf halten wir für unsinnig: „Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten“. Das ändert nichts an der Überlastung der Straßen Richtung Norden.

Falls Ihnen weitere Aspekte zu diesem Thema auffallen, senden Sie uns bitte über die Kontaktseite ein E-Mail oder schreiben Sie hier einen Kommentar.

 

 

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